Hijab

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Sonntag, 25. Dezember 2016

Frohe Weihnachten


Zwei Kopftuchmädchen in Christmas Hijab Sweaters 



Ich wünsche all meinen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten und ein schönes Weihnachtsfest - auch wenn ich hier nicht soviel mache und nicht so viel schreibe, aber das möchte ich gern versuchen zu ändern.




Weihnachtspulli (Rentiere) und Kopftuch 

Und ja, auch als Kopftuchmädchen feiere ich Weihnachten, mit meiner Ehefrau, meiner Familie und meinen Freundinnen. Dass ich Kopftuchträgerin bin heißt ja nicht, daß ich was gegen Weihnachten habe oder haben müßte, oder es nicht mehr feiere - zumal ich ja trotz dessen, dass ich ein Kopftuch trage, auch immer noch eine (gläubige) Christin bin. Und als solche feier ich natürlich auch Weihnachten und alle anderen christlichen Feste.

Meine Frau trägt dieses Jahr über die Feiertage auch Kopftuch und lange Röcke und Kleider - und da wir die Woche zwischen den Feiertagen und die erste Woche des neuen Jahres beide Urlaub haben, will sie es auch die nächsten 14 Tage die ganze Zeit tragen, also so wie ich, in Vollzeit, jeden Tag und den ganzen Tag.
Zum einen weil sie mir damit einen Gefallen tun möchte und zum anderen, weil sie es selber mal (wieder) über einen etwas längeren Zeitraum ausprobieren möchte.
Sie trägt ja hin und wieder selbst mal ein Kopftuch, wenn wir am Wochenende zusammen unterwegs sind, aber das sie es mehrere Tage hintereinander trägt, kommt nur sehr selten vor - wenn dann höchstens mal zwei, also ein ganzes Wochenende lang zum Beispiel. Zwei Wochen bzw. 14 oder besser gesagt 16 Tage sind da schon eine echte Herausforderung für meine Frau Nicole.
Aber sie macht es ja vollkommen freiwillig, es zwingt sie ja keiner dazu, das Kopftuch zu tragen - es war ja ihre Entscheidung, es im Urlaub mal 14 Tage lang ununterbrochen am Stück zu tragen und so wird sie damit wohl auch klar kommen, es die ganze Zeit zu tragen.

Außerdem möchte meine Frau Nicole herausfinden, ob die Tragedauer des Kopftuches einen Einfluß auf die Akzeptanz des Kopftuchtragens bei der Kopftuchträgerin hat, also ob zum Beispiel nach ein paar Tagen eine Art Gewöhnungseffekt oder so eintritt.
Ob da nun 14 bis 16 Tage für ausreichend sind, wage ich zwar zu bezweifeln, aber ich werde ja sehen, was sie dann zu berichten weiß.

Sicher ist auf jeden Fall, das eine Frau, die das Kopftuch noch nie zuvor getragen hat und sich auch nicht vorstellen kann, es als Vollzeit-Trägerin ständig zu tragen, nach einiger Zeit das Tragen des Kopftuches für sich selbst akzeptieren kann und sich daran gewöhnt es zu tragen, sofern sie sich freiwillig darauf einlässt es für eine Weile zu tragen, z.B. bei einem Auslandsaufenthalt oder vorübergehendem Haarverlust - oder aus welchen Gründen auch immer. D.h. daß sich die persönliche Einstellung zum Kopftuch tragen ändert, wenn man es selber eine Zeitlang trägt und man unter Umständen durch das selber tragen auch gewisse Vorteile oder gar eine Vorliebe für sich entdeckt (ich spreche da aus eigener Erfahrung). Allerdings kann das selbsttragen des Kopftuches auch eine Abneigung dazu auslösen oder verstärken.
Vielleicht berichte ich hier mal, wie es meiner Ehefrau in den 16 Tagen mit dem Kopftuch als Kopftuchträgerin so ergangen ist.

Ich freue mich auf jeden Fall, daß sie das Kopftuch jetzt mal eine (kurze) zeitlang mit mir und für mich (und auch für sich selbst) tragen möchte, auch wenn es für mich, für sie und für uns sicherlich ungewohnt sein wird.

Meine Frau trägt ja nun auch schon eine ganze Weile nur noch Röcke und Kleider und verzichtet ganz bewußt komplett auf das tragen von Jeans und Hosen (ausgenommen Leggings und Shorts zu Strumpfhosen, statt Rock) aber sie mal zwei Wochen lang nur in langen Röcken und Kleidern zu sehen, wird sicherlich ungewohnt sein - und für sie ist es wohl auch ungewohnt sein, sie zu tragen.
Ich werde ihr da wohl auch das eine oder andere Teil ausleihen müssen, aber das ist unter Mädels ja eh nicht das Problem, zumal wir ja auch ein Liebespaar sind.
Die Röcke und Kleider, die sie normalerweise trägt sind eher knieumspielend, knielang, oder enden eine oder höchstens zwei Handbreit über dem Knie - Miniröcke oder lange Röcke trägt sie eher selten, das ist beides eigentlich nicht so ihre Länge.

Das Nicole nur noch Röcke und Kleider trägt und warum, darüber wollte ich eigentlich schon längst mal hier im Blog berichten, aber ich dachte, daß wäre wohl eh nicht von Dauer - bis sie vor ein paar Monaten mal einige von unseren Freundinnen eingeladen hat und die Jeans und Hosen, die sie noch besaß entweder verschenkt oder vorzugsweise gegen andere Röcke und Kleider eingetauscht hat, so daß sie jetzt selbst keine Jeans und Hosen mehr hat und nur noch Röcke und Kleider oder Leggings und Shorts mit Strumpfhose anziehen kann. Find ich toll, zumal sie zum Beginn unserer Beziehung meine Ansicht, daß Frauen nur Röcke und Kleider tragen sollten nicht so ganz geteilt hat und in der Freizeit total gerne enge Jeans angezogen hat.

Naja, vielleicht sollte ich demnächst mal hier über Nicoles Wandel zur Rockträgerin berichten.


Aber jetzt wünsche ich allen erstmal Fröhliche Weihnachten und falls ich vorher hier nichts mehr schreiben sollte: einen guten Rutsch und einen tollen Start ins neue Jahr 2017!!!









Christmas Hijab Sweaters

Sonntag, 6. November 2016

Ich darf wieder alleine in die Stadt

Kopftuch-Mädchen bei einem Spaziergang.

Ich darf jetzt auch wieder alleine in die Innenstadt fahren, wo viele Leute sind und darf auch wieder alleine zur Arbeit fahren - wenn ich das will. Meine Ehefrau Nicole hat das Verbot, dass ich alleine und ohne Begleitung in die Stadt fahre oder wo viele Leute unterwegs sind, wieder aufgehoben.

Nach meinem letzten Blog hatte ich ein langes Gespräch mit meiner Ehefrau Nicole. Sie hat meinen Blog gelesen und hat eingesehen, daß es falsch war, mir zu verbieten, alleine in die Stadt zu fahren, nur um zu verhindern, daß so ein Angriff noch mal passiert. Passieren kann immer was, auch wenn jemand dabei ist - und andererseits ist es bisher ja auch jahrelang gut gegangen, ohne dass irgendwas passiert ist, wenn ich mal von diversen Anfeindungen, blöden Kommentaren, Unhöflichkeiten und dergleichen absehe, aber das ist ja zum einen nicht die Regel, sprich es passiert ja nicht ständig und sowas kann man ignorieren, sprich ich nehme so etwas schon gar nicht mehr wahr und somit auch nicht mehr ernst. Aber so einen Kopftuch-Runterreißer, kann nun mal nicht ignorieren, da es nun mal ein körperlicher Angriff ist. Aber andere Frauen, die ein Kopftuch tragen, sind auch meist alleine in der Innenstadt unterwegs - und diese sind zudem auch noch selbst Muslima - und ihnen passiert auch so gut wie nie etwas.
Also statt einfach zu sagen "Komm mit, ich hätte Dich gerne dabei und würde gerne was mit Dir unternehmen." hab ich gesagt, "Ach komm doch mit, Du weißt doch das ich nicht alleine fahren darf." Ich hab mich in diese Opferrolle drängen lassen und hab sie gleichzeitig auch ausgenutzt.
Das mich Anna, unsere Nachbarin auf dem Weg zur Arbeit und wieder nach Hause begleitet hat, erleichterte, das ganze noch ein wenig, denn wenn sie nach der Arbeit noch Zeit hatte, konnte ich, nachdem sie mich von der Arbeit abgeholt hat, in ihrer Begleitung auch noch diverse Dinge erledigen und besorgen, für die ich sonst extra in die Stadt hätte fahren müssen.
Das mich das ganze einschränkt war mir natürlich schon bewusst, aber die Vorteile für mich überwogen einfach.
Am meisten wurden mir diese Einschränkungen bewusst, wenn ich Sachen besorgen oder kaufen wollte, wo man normalerweise nur bestimmte Leute dabei haben möchte oder das lieber alleine erledigt.
Ich habe mir so beholfen daß ich solche Sachen eben nur mit meiner Frau zusammen besorgt habe oder mit guten Freundinnen zusammen, insbesondere, die Artikel gegen Blasenschwäche hab ich nur mit Begleiterinnen besorgt, die auch darüber Bescheid wußten, daß ich damit ein Problem habe. Zur Not hab ich solche Sachen auch mal im Internet bestellt oder mir von meiner Frau mitbringen lassen.
So hab ich das quasi umschifft und konnte so auch mit den Einschränkungen ganz gut leben, auch wenn ich manchmal lieber alleine in die Innenstadt gefahren wäre ohne Begleitung, so daß man ganz in Ruhe bummeln und gucken kann ohne noch auf jemand anderen Rücksicht nehmen zu müssen. In der letzten Zeit nervte es schon etwas, daß ich gar nicht mehr alleine unterwegs war, aber das war schon okay so, es ging ja nicht anders. Oder es wäre wohl schon anders gegangen, wenn ich da früher mit meiner Frau drüber gesprochen hätte.

Von daher hat meine Frau mir wieder erlaubt, alleine in die Stadt und zur Arbeit zu fahren, wenn ich das möchte oder es nötig ist. Sie meint ich bin dadurch, daß ich ein Kopftuch trage, schon genug Einschränkungen unterworfen, die mir durch die Regeln und Vorschriften, die damit verbunden sind, auferlegt sind - und nicht zu vergessen, die, die ich deswegen selbst aufgestellt und mir selbst auferlegt habe - da wollte sie mich nicht noch mehr einschränken, zumindest nicht mehr als es unbedingt nötig ist.

Ja, ein Kopftuch zu tragen ist mit vielerlei Einschränkungen im täglichen Leben verbunden, sowohl in der Öffentlichkeit, als auch im privaten Bereich. Sei es durch Regeln und Vorschriften, die damit zusammenhängen oder auch nur wegen der Tatsache, daß man ein Kopftuch trägt, was einen allein schon bei der Wahl der dazu passenden und angemessenen Kleidung, sehr einschränkt.
Aber das sind Einschränkungen, die ich gerne in Kauf nehme, da ich das Kopftuch gerne trage, ich mich nun mal dafür entschieden habe, es zu tragen und ich letzten Endes auch davon überzeugt bin, daß es für mich persönlich Gut und Richtig ist, das Kopftuch zu tragen und ich in vielerlei Hinsicht davon profitiere.

Aber ich denke mal, wenn man sich erstmal an all diese Einschränkungen gewöhnt hat und mit damit einverstanden ist, weil man das Kopftuch ja tragen will, dann ist es auch leicht mit den damit verbundenen Einschränkungen umzugehen und klar zu kommen und ich kann ganz gut damit Leben. Mich zwingt ja niemand dazu, ich trage es ja freiwillig.
Anders sieht es sicher bei Frauen aus, die es sich nicht vorstellen können, sich selbst so einzuschränken bzw. so eingeschränkt zu sein - oder bei Mädchen und Frauen, die gar dazu gezwungen werden ein Kopftuch zu tragen und sich dessen Einschränkungen, Regeln und Vorschriften zu unterwerfen.
Das ist mir schon klar, aber ich spreche da auch nur für mich: Ich trage es freiwillig, aus einer bewussten Entscheidung heraus und weil ich es tragen möchte. Und mir ist und war immer klar, daß ich mich in vielerlei Hinsicht einschränken muß und mich an viele Regeln und Vorschriften halten muß wenn ich es wirklich tragen will. Das war und ist mir also klar, hat mich aber in dem Entschluss und der Entscheidung es tragen zu wollen, eher noch bestärkt.

Aber darauf wollte ich gar nicht heraus. Nicht mehr alleine in die Stadt und zur Arbeit fahren zu dürfen und immer jemand zu meinem Schutz, als Begleitung (oder gar Aufsicht, wie jemand in den Kommentaren schrieb) dabei haben zu müssen, war dann doch schon eine sehr große Einschränkung für mich, auch wenn ich mich da sehr schnell dran gewöhnt hatte und es ja durchaus auch seine Vorteile hatte.
Und das war dann auch ziemlich bequem, ich brauchte nicht mehr alleine in die Stadt fahren, hatte ständig Gesellschaft und unternahm mehr mit meiner Frau, meiner Mutter, meiner Schwester oder meinen Freundinnen. Es war zugegebenermaßen bequemer, das Verbot vorzuschieben, als einfach zu sagen, daß ich sie gerne dabei dabei hätte und was mit Ihnen unternehmen möchte.

Zum Beispiel Dessous und Unterwäsche kaufen gehen, das mache ich lieber alleine oder nur mit ganz bestimmten Freundinnen oder meiner Frau zusammen.
Oder bestimmte Hygieneartikel in der der Drogerie, wie z.B. Artikel die man bei Blasenschwäche benutzt. Das man Slipeinlagen und Binden von TENA und always discreet nicht für die normale Regelblutung benutzt, weiß ja eigentlich jede Frau, so daß dies sicher auch meiner Begleitung nicht entgangen wäre, zumal diese Artikel meist in einem anderen Regal sind.
Natürlich ist nichts dabei, daß ich Slipeinlagen, Binden und manchmal sogar Pants für Blasenschwäche benutze, ich habe diese Probleme nun mal ab und an - aber es ist mir natürlich peinlich. Und diese Sachen muß ich dann natürlich nicht kaufen, wenn jemand dabei ist, insbesondere dann nicht, wenn diejenige nichts von meiner Blasenschwäche weiß.
Aber wie dem auch sei, ich darf ja jetzt auch wieder alleine in die Stadt und zur Arbeit fahren. Meine Frau hat mir allerdings freigestellt, es auch weiter wie bisher zu handhaben und weiterhin mit ihr, meiner Mutter, Schwester oder Freundinnen in die Stadt zu fahren - und das werd ich auch machen. Und zur Arbeit werd ich auch weiter mit unserer Nachbarin Anna fahren, da wir ja eh denselben Weg haben und uns gut verstehen. Aber ist halt gut zu wissen, daß ich all das jetzt auch wieder alleine machen kann und darf, wenn ich das möchte - oder wenn es nötig ist.


Zwei Frauen mit Kopftuch bei einem Stadtbummel.


Fazit:
Alles in allem muß ich sagen, daß es eine interessante und nette Erahrung war, mal eine Zeit lang nicht alleine in die Stadt und da dann auch nur in Begleitung anderer hinfahren zu dürfen, was Einschränkungen und Umstände auf der einen Seite mit sich brachte und eine Bereicherung auf der anderen Seite bedeutete. Ich mag es manchmal von meiner Frau bevormundet zu werden und wenn sie mir Vorschriften macht, Regeln aufstellt oder mir Sachen verbietet, dann finde ich es toll und mag das irgendwie. 
Aber nach nem guten halben Jahr nicht alleine in die Stadt fahren zu dürfen und das immer nur in Begleitung anderer machen zu dürfen, die mich beschützen, auf mich aufpassen und mich "beaufsichtigen" reicht es nun auch - das muß ich wirklich nicht immer haben und ich hab mich doch sehr in meiner Freiheit eingeschränkt gefühlt. Mir sind schon dadurch dass ich ein Kopftuch trage genug Einschränkungen auferlegt, denen ich mich aber gerne unterwerfe, da ich ja das Kopftuch gerne tragen möchte und will. Aber nicht alleine weggehen zu dürfen und immer eine Begleitung dabei haben zu müssen hat schon eine ganz andere Dimension, selbst wenn es nur für bestimmte Orte gilt. 
Wie dem auch sei ich bin froh, das meine Frau das Verbot wieder aufgehoben hat und ich jetzt auch wieder alleine in die Stadt und zur Arbeit fahren darf. 

Bleibt nur zu hoffen, daß so ein Angriff auf mich nie wieder passiert und das nie wieder jemand auf die Idee kommt, mir das Kopftuch herunter zu reißen - oder gar schlimmeres zu machen. Ich habe echt keine Lust, zusammen geschlagen oder gar vergewaltigt zu werden, nur weil ich ein Kopftuch trage und mich deswegen jemand für eine Muslima hält und meint mir aus diesem Grunde was antun zu müssen. 



Samstag, 8. Oktober 2016

Der Angriff auf mich (wg. meinem Kopftuch)


Es ist mittlerweile (leider) eigentlich normal für mich, daß von einigen Leuten blöde Kommentare oder auch Schimpfworte in meine Richtung kommen - entweder wegen dem Kopftuch oder auch einfach nur, weil ich ein Kopftuch trage.

Mal einige Beispiele:


“Kopftuchschlampe”

“Mal wieder so eine Schweißkopftuch-Trägerin”

“Geh doch nach Hause in Deine Heimat” (brauch ich nicht, bin ich schon)

“Boah, jetzt fangen auch schon deutsche Frauen an Kopftuch zu tragen - wander doch nach Arabien aus, wenn es Dir so gefällt”

“Kopftuch-Terroristin”

“Nimm den Kopflappen ab, sowas muß man hier nicht tragen”


Das sind die Sachen, die mir so spontan einfallen und auch nur die harmloseren davon. Das man sich mir gegenüber auch unhöflich verhält und mir den Platz in der Bahn vor der Nase wegschnappt, obwohl ich mich schon hinsetzen wollte (“Ihr nehmt uns schon die Arbeitsplätze und Wohnungen weg, da könnt ihr ruhig mal stehen”) mir Türen vor der Nase zumacht oder sich in der Schlange an der Kasse einfach vordrängelt (weil ich ja ein Kopftuch trage) gehört auch dazu. Oder die abfälligen Blicke, die man mir zuwirft.

Ich habe es mittlerweile akzeptiert, daß ich von einigen Leuten so behandelt werde, weil ich ein Kopftuch trage. Ich ignoriere es so gut ich kann und sehe darüber hinweg - es geht ja nicht gegen mich persönlich und sie wissen es eben auch nicht besser. Und es sind ja zum Glück auch nicht alle so - es sind immer nur einige wenige, die sich so verhalten, aber man ärgert sich halt trotzdem drüber. Und so sehr man auch versucht es zu ignorieren, es bleibt trotzdem immer etwas hängen.

Ich erfahre im Moment am eigenen Leib, wie es in Deutschland zur Zeit Ausländern und insbesondere Frauen mit Kopftuch (die es aus religiösen, kulturellen oder persönlichen Gründen tragen) bei uns hier ergeht. Und das finde ich ungemein traurig, beschämend und peinlich. Ich fühle mich manchmal als wenn ich nicht mehr dazu gehöre und keine von Euch mehr bin, obwohl ich einen deutschen Pass habe und Christin bin - und das nur, weil ich mich vor 16 Jahren, wo noch kein Hahn danach gekräht hat, aus persönlichen Gründen dazu entschieden, ein Kopftuch zu tragen.

Mittlerweile ist es ein Teil von mir geworden und ich denke nicht daran, es jetzt wieder abzulegen, nur weil sich einige dumme Menschen so verhalten. Es gefällt mir es zu tragen und mich so zu kleiden und das ich deswegen so behandelt werde, gehört halt mittlerweile (leider) auch dazu. Dabei habe ich ja eigentlich unter anderem damit angefangen ein Kopftuch zu tragen und mich so zu kleiden, damit man mich eben nicht nach meinem Aussehen, meinen Haaren, meiner Frisur, meinem Körper oder meiner Figur beurteilt, sondern mich nur als Mensch und Frau sieht und mich eher an dem mißt, was ich sage und tue und nach meinet Persönlichkeit und meinem Charakter beurteilt und daran mißt. Allerdings ist der Mensch nun mal Oberflächlich und da all dies ein näheres kennenlernen erfordert und man von mir nur meine Hände und mein Gesicht sieht (was zur Interaktion mit anderen völlig ausreicht) muß halt meine Kleidung für eine Beurteilung herhalten. Sicher, die meisten nehmen es vollkommen Wertungsfrei hin, das ich ein Kopftuch und Muslima-Mode trage - aber andere assoziieren das gleich mit: Muslima, Islam, Terrorismus, Unterdrückung, Rückständigkeit, konservativ, ungebildet, dumm, fanatisch, usw. Und urteilen so (unbewusst) doch über mich ohne mich in irgendeiner Weise zu kennen.

Soweit so gut.


Vor sechs Monaten schon, im April also, ist mir allerdings etwas passiert, was absolut zu weit ging und nicht okay ist. Mit bösen Blicken, absichtlichen Unhöflichkeiten und abfälligen Bemerkungen und Schimpfworten kann ich leben, das geht nicht gegen mich persönlich, das geht gegen das Kopftuch und gegen das, für das es in Köpfen dieser Leute steht. Aber wenn ich wegen meines Kopftuchs köperlich angegriffen werde, dann geht das zuweit, denn DAS geht dann gegen mich persönlich, ganz egal, weswegen es ist.

Es war einer der ersten schönen warmen Tage im April und ich hatte mir nach der Arbeit noch ein Eis geholt und bin damit durch die Stadt geschlendert. Plötzlich sah mich ein Typ, der mir entgegen kam mit wütendem Blick an und rief “Das darf doch nicht wahr sein!” und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Bei mir angekommen fing er an mich zu beschimpfen und auf mich einzureden. Alles hab ich nicht mehr in Erinnerung, ich war viel zu verdattert um mir den ganzen Schwachsinn, den er da von sich gab zu merken. Nur eins weiß ich immer noch, er sagte sowas wie:

“Es ist kein Wunder, daß die Islamisierung unseres Vaterlandes immer weiter fortschreitet, wenn jetzt sogar schon unsere deutschen Frauen anfangen Kopftuch zu tragen. Nimm den Fetzen ab Du Schlampe, sowas mußt Du hier als Deutsche nicht tragen.”

Worauf ich entgegnete:

“Ich bin keine Muslima und ich trage das Kopftuch freiwillig, weil ich es tragen möchte und weil ich es schön finde und es mir gefällt.”

Das machte ihn dann wohl richtig sauer und er brüllte: “Lügnerin!”

Und eh ich’s mich versah, griff er hinter meinen Kopf und riss mir mein Kopftuch runter. Da ich an diesem Tag einen Pashmina-Schal als Kopftuch gewickelt trug, welches zum einen mit Haarklemmen und Nadeln am Untertuch festgeklippt und festgesteckt war und welches durch die Binde- bzw. Wickeltechnik auch zweimal vorne am Hals lang ging, riss er mir nicht nur das Untertuch mit runter, wobei ich auch einige Haare ließ, was ziemlich weh tat - nein, durch den Schwung riss er mich fast um und da er mir das Tuch ganz entreißen wollte und weiter dran zog würgte er mich auch noch.

Eine Gruppe von drei Mädchen um die 19 schrie ihn gleich an er solle das lassen wodurch ein junger Mann Mitte 20 auf das Geschehen aufmerksam wurde, dem Typen ne Kopfnuss verpasste und ihn von mir weg stieß.

Da packten mich dann gleich die drei Mädels und zogen mich in einen Hauseingang und stellten sich dann schützend vor mich. Die eine meinte ganz cool: “Bind Dir erstmal Dein Kopftuch wieder um, wir passen solange auf das keiner guckt.” Kramte dann in ihrer Handtasche und zog einen Spiegel heraus, den sie mir dann hinhielt.

Derweil versuchte der junge Mann den Spinner festzuhalten, der riss sich aber los und tauchte in der Menge unter, weil er sich bewußt war, wieviel Aufmerksamkeit er erregt hatte. Der junge Mann verfolgte ihn zwar noch, verlor ihn aber im Gedränge der Fußgängerzone schnell aus den Augen. Schließlich kehrte er zurück und erkundigte sich ob mit mir alles in Ordnung sei und ob er noch als Zeuge gebraucht wird. Ich bedankte mich bei ihm das er eingegriffen hatte, meinte aber daß ich wohl keine Anzeige erstatten werde, da es wohl eh nix bringt. Er schrieb dann noch für alle Fälle seine Nummer auf und entschuldigte sich dann daß er weiter muß.

Die Mädchen blieben noch bei mir stehen und nach einer kurzen Unterhaltung stellte sich raus, daß sie im gleichen Stadtteil wohnen und sie boten sich an mich nach Hause zu begleiten, sie wären mit ihrem Einkaufsbummel eh durch.


Auf dem Heimweg regten sich die drei immer noch über Typen auf und wie er das einfach machen konnte. Eine von den dreien hatte mitbekommen, daß ich gesagt habe, daß ich keine Muslima bin und fragte wie ich das gemeint hätte, wo ich doch ein Kopftuch trage und mich auch so anziehe. Und so erzählte ich ihnen meine Geschichte, wie ich zum Kopftuch gekommen bin - die Kurzform zumindest. Die drei waren zwar etwas erstaunt, fanden es aber cool und waren zugleich fasziniert, daß jemand ein Kopftuch trägt ohne eine Muslima zu sein.

Bei mir zu Hause angekommen fragte ich die drei, ob sie nicht noch auf einen Kaffee mit reinkommen wollen. Zum einen weil ich ihnen echt dankbar war, daß sie sich um mich gekümmert haben und zum anderen weil wir uns gerade so gut unterhielten.

Sie kamen gern noch mit rein und ich machte Kaffee und trieb auch noch Kuchen auf. Als der Tisch gedeckt und der Kaffee fertig war, kam meine Frau, die schon zu Hause war, frisch geduscht und in Leggings und Bluse aus dem Bad, sah uns an und meinte eher neugierig als Vorwurfsvoll “Was ist denn hier los?” Und als sie mein etwas zerrupftes Kopftuch sah fragte sie, “was ist denn mit Dir passiert?” Die Mädchen waren nicht weiter überrascht - ich hatte ihnen unterwegs schon erzählt, daß ich mit einer Frau zusammen lebe und auch mit ihr zusammen bin.

Aber bevor ich noch antworten konnte, fing die coole mit dem Spiegel schon an zu erzählen was in der Stadt passiert war und das sie mich danach vorsichtshalber nach Hause gebracht haben.

Dafür bedankte meine Frau sich bei den dreien war aber wegen des Vorfalls in der Stadt sichtlich besorgt.

Die Mädchen blieben noch eine Weile und wir unterhielten uns über alles mögliche. Nachdem wir dann beschlossen hatten, daß sie gerne mal wieder zum Kaffee oder so kommen können und wir gerne mal was zusammen unternehmen können, tauschten wir noch unsere Nummern aus und die Drei gingen nach Hause.

Danach hatte ich dann eine sehr ernste Unterredung mit meiner Ehefrau, die bis tief in die Nacht ging. Ich nahm diesen Angriff eher auf die leichte Schulter, solche Idioten gibt es immer und überall - und was blieb mir auch anderes übrig, ich muss ja weiter so rausgehen, also was bringt es mir da Angst zu haben oder mir Sorgen zu machen, damit mache ich mir das Leben mit Kopftuch doch nur unnötig schwer. Aber meine Frau war verständlicherweise sehr besorgt um mich. Und ihrem Argument: “Was ist, wenn Dich der nächste ‘Spinner’ absticht, zusammenschlägt oder vergewaltigt, statt Dir “nur” Dein Kopftuch runter zu reißen oder Du an eine ganze Gruppe von solchen Spinnern gerätst?” hatte ich nicht viel entgegen zu setzen, denn sie hatte ja recht, SOWAS konnte durchaus passieren.

Wir diskutierten an dem Abend alle Möglichkeiten, was man tun könnte um sowas in Zukunft zu vermeiden oder darauf besser vorbereitet zu sein.

Das Kopftuch ganz abzulegen war auch eine der möglichen Optionen, aber das möchte ich eigentlich nicht, noch ist es hier nicht so schlimm, daß eine Frau deswegen ernsthaft in Gefahr ist, das könnte man überlegen, wenn es hier noch schlimmer mit diesem Islamophobie-Ding wird. Nein, ich will mein Kopftuch weiter tragen, ich habe mich dafür entschieden es zu tragen und fühle mich auf Grund meiner Entscheidung dafür auch dazu verpflichtet es weiterhin zu tragen. Und es gibt auch noch viele andere gute Gründe warum ich damit nicht wieder aufhören will - ich fühle mich halt einfach gut und wohl damit. Und wenn ich erst einmal eine Weile damit aufgehört habe, wird es sicher auch schwer oder gar unmöglich einfach so wieder damit anzufangen. Zum Beispiel auf der Arbeit, aber sicher auch im Freundes- und Bekanntenkreis - dazu hab ich zu hart dafür und daran gearbeitet, daß mich alle so akzeptieren wie ich bin - eben halt ein Kopftuchmädchen.

Und meine Frau möchte ehrlich gesagt auch nicht, daß ich aufhöre es zu tragen, dazu ist es viel zu reizvoll und zu faszinierend für sie, daß ich es trage. Sie findet es toll, daß ich ein Kopftuch trage, ihr gefällt es und sie findet es hübsch an mir. Und auch wenn es nicht zugeben will, so hat es doch einen ganz besonderen Reiz für sie, daß Männern der Blick auf meinen Körper und der Genuss meines kompletten Anblicks verwehrt bleibt und sie mich nur in langer Kleidung und mit Kopftuch sehen können / dürfen. Aber seien wir mal ehrlich, wer träumt nicht davon, daß der Anblick seiner / ihrer Liebsten nur ihm / ihr allein gehört? Sie halt das Glück mit einem Kopftuchmädchen zusammen zu sein und so als Lesbe den Anblick ihrer Liebsten nicht mit evtl. interessierten Männern teilen zu müssen. Wenn ich mein Kopftuch abnehme, weiß sid mit Sicherheit daß mich so schon lange kein Mann mehr gesehen hat und auch nicht sehen darf. Wenn sie das mit Männern teilen müßte, würde uns beiden was fehlen - und ich müßte damit leben mich den ganzen Tag von Männern anglotzen zu lassen, wovon vermutlich jeder 2. bis 3. irgendwelche Hintergedanken hat und bei dem was er sieht irgendwas findet, woran er sich 'aufgeilen’ und da hab ich keine Lust drauf - das mag ich nicht.

Also, das Kopftuch abzulegen wäre für uns beide keine Option, erst recht nicht für mich als Betroffene.

So diskutierten wir dann weiter.



Ich habe einige etwas längere Perlenketten, mit einem Kreuz dran, die ich mir extra besorgt habe, damit ich sie über der Kleidung zu meinem Kopftuch tragen kann und das Kreuz somit gut sichtbar ist. (Eine dünne Kette mit einem Kreuz dran sieht man meist nicht, da sie von Kleidung und / oder Kopftuch bedeckt wird.) Da eine Muslima so eine Kette mit einem Kreuz, als Symbol des Christentums, dran, niemals tragen würde, bat sie mich, eine davon immer gut sichtbar zu tragen, damit der nächste Spinner, sofern das Kreuz sieht und denken kann sich dann vielleicht Gedanken macht, daß da bei mir was anders ist - sofern er denken kann.

Das war die erste Maßnahme, die wir beschlossen haben. Und ich sehe an den Blicken der Leute oft, daß es ihnen wohl aufzufallen scheint, denn einige sehen erst das Kreuz und sehen dann zu meinem Kopftuch und auf meine Kleidung und schauen mir dann ins Gesicht, wohl in der Hoffnung dort eine Antwort zu finden. Aber sorry, wer mich nicht drauf anspricht oder fragt, wird da wohl vergeblich warten.

Ich bin aber in der Tat schon des öfteren darauf angesprochen worden. Meistens von Musliminnen - mit ohne Kopftuch. Entweder fragen sie einfach warum ich ein Kreuz und ein Kopftuch trage oder sie kommen an: “Entschuldigung Schwester, Du weißt aber schon, daß Du das Kreuz nicht tragen darfst?!” Wenn ich dann aber erkläre, daß ich Christin bin und mich vor Jahren schon dazu entschieden habe ein Kopftuch zu tragen, weil es mir gefällt eins zu tragen und weil mir auch die Gründe warum getragen wird gefallen und zusagen, kommt oft nur ein “Ach so, dann ist es ja okay. Find ich toll, daß Du das machst.” Es hat sich deswegen bisher kaum eine negativ geäußert, die meisten sind eher überrascht und erstaunt, daß sich eine deutsche Christin dazu entschließt ein Kopftuch zu tragen, obwohl sie es gar nicht müßte und sich mit dieser Entscheidung - Kopftuch ja oder nein - normalerweise auch gar nicht beschäftigen muß. Von deutschen werde ich auch manchmal drauf angesprochen, aber die sind da meistens nicht so Verständnisvoll, verdrücken sich dann aber auch zum Glück meist schnell mit einem Kopfschütteln.

Das zweite worauf wir uns geeinigt hatten, war, daß ich bis auf weiteres immer direkt zur Arbeit fahre und auch auf direktem Wege wieder nach Hause komme, ohne noch nach der Arbeit irgendwelche Besorgungen zu machen - es sei denn es läßt sich nicht vermeiden und ich brauche irgendwas noch ganz dringend.

Vor zwei Monaten stellte sich dann in einer Unterhaltung, mit einer Nachbarin ein paar Häuser weiter, wo meine Frau auch mit dabei war, heraus, das sie nur ein paar Straßen weiter arbeitet und wir fast die gleichen Arbeitszeiten haben. Da wir ihr vorher schon von dem Kopftuch-Angriff erzählt haben, bot sie an, daß wir doch morgens und abends zusammen fahren können - sie bringt mich morgens zur Arbeit und holt mich auch abends wieder ab, dafür müsste sie zwar eine Station früher aussteigen, aber das ist kein Problem. So bin ich dann wenigstens nicht allein unterwegs. Klappt auch alles soweit ganz gut und wenn ich nach der Arbeit noch Besorgungen machen will, dann ist das oft auch kein Problem, da sag ich dann morgens Bescheid und dann begleitet sie mich noch bevor wir nach Hause fahren. Wir haben uns mittlerweile auch schon angefreundet.

Dieser Begleitservice ist ganz praktisch, denn das dritte, worauf wir uns geeinigt haben ist, daß ich, auch bis auf weiteres, nicht mehr alleine, ohne Begleitung, in die Stadt fahre, denn wenn man nicht allein ist und noch eine Begleitperson dabei ist, dann ist natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, daß man angegriffen wird wesentlich geringer, denn wenn man nicht allein ist, dann trauen sich solche Spinner solche Aktionen gar nicht erst. Meine Frau hat es mir förmlich verboten allein in die Stadt zu fahren oder dahin wo viele Leute sind und die Gefahr relativ hoch ist, daß etwas passiert.

Klar, wenn ich eine Freundin besuchen will oder zum Supermarkt um die Ecke oder hier im Viertel ein wenig spazieren oder joggen gehen will, dann kann ich natürlich auch alleine gehen. Wenn ich aber in die Stadt zum shoppen will, soll ich nicht mehr alleine fahren. Normalerweise begleitet meine Frau mich, wenn sie aber mal nicht da ist, keine Zeit hat, keine Lust oder was anderes vor hat, dann kommen meine Mutter, meine Schwester oder eine von unseren Freundinnen mit, die sich netterweise bereit erklärt haben, mich zu begleiten, wenn ich mal in die Stadt möchte.

Wenn sich mal niemand findet, die mit mir kommt, dann muss ich leider zu Hause bleiben. Natürlich könnte ich zur Not auch alleine fahren, aber ich respektiere den Wunsch meiner Frau nicht mehr alleine ohne Begleitung in die Stadt zu fahren, wo viele Leute sind und somit auch viel passieren kann. Und deswegen halte ich mich auch an ihr Verbot, alleine in die Stadt zum shoppen zu fahren.

Ich sehe das nicht als Unterdrückung an, es ist höchstens eine Bevormundung, die aber ja nur zu meinem Besten ist, meine Frau macht sich halt Sorgen um mich und meine Sicherheit und will nur auf Nummer Sicher gehen. Irgendwann werden wir das auch wieder lockerer handhaben.

Aber es hat auch seine Vorteile: wir unternehmen jetzt mehr zusammen und sprechen uns jetzt mehr ab, wegen gemeinsamer Unternehmungen oder zum shoppen oder bummeln in die Stadt zu fahren. Und ich unternehme jetzt auvh wesentlich mehr mit meiner Mutter, Schwester oder Freundinnen, da ich ja alleine nicht weg darf bzw. soll. Es hat also auch seine Vorteile.

Es ist ärgerlich, daß ich wegen so einem Idioten quasi Hausarrest habe und nur noch mit Begleitschutz und Escortservice in die Stadt darf, auch wenn es nur zu meinem Besten und zu meinem Schutz ist. Ich bin nur froh, das hier bei uns noch nie was passiert ist - oder unterwegs, wenn ich meine Mutter, meine Schwester oder Freundin besucht habe, sonst würde meine Frau mich alleine gar nicht mehr vor die Tür lassen. Aber wie gesagt, sie macht sich halt nur Sorgen - ich nehme das ja eigentlich eher auf die leichte Schulter und wenn es nach mir ginge, dann hätte sich wegen diesem Kopftuch-Runterreißer bei mir nichts geändert, Idioten gibt es halt überall - aber meine Frau ist da halt vorsichtig und Überfürsorglich und das muß ich eben akzeptieren und respektiere das auch.

Es ist halt nur so traurig, daß ich mich als Deutsche in meinem Heimatland nicht mehr sicher fühlen kann, nur weil ich mich so kleide wie ich will und wie ich mich persönlich am wohlsten fühle. Und DAS nur wegen anderer deutscher Mitbürger, die in mir nur wegen meiner Kleidung eine Bedrohung sehen ohne daß ich oder sonst eine Frau mit Kopftuch ihnen je etwas getan hätte.

Und ich werde letzten Endes durch solche Vorsichtsmaßnahmen, wie sie meine Frau und ich beschlossen haben, auch noch dafür bestraft, weil sie viele Umstände machen und mich in meiner Freiheit und Freizügigkeit einschränken - auch wenn es den Vorteil hat, daß ich jetzt mehr mit meiner Frau und meinen Freundinnen unternehme und daß ich neue Leute kennengelernt habe, wie die drei Mädchen, die mich nach dem Angriff nach Hause gebracht haben (und zu denen ich immer noch Kontakt habe) oder meine Nachbarin, die mich täglich zur Arbeit und wieder nach Hause begleitet.

Dieses nicht mehr allein in die Stadt dürfen oder mich zur Arbeit begleiten und abholen lassen, war mir zuerst natürlich irgendwie peinlich, aber nachdem ich mich dran gewöhnt habe ist es schon irgendwie ganz nett. Dieser Kopftuch-Runterreißer war an dem ganzen - zumindest für mich - eigentlich das geringere Übel, schlimm sind eigentlich eher die Folgen, die das letzten Endes hatte, auch wenn das nur zu meinem Besten ist und weil meine Frau sich Sorgen um mich macht. Natürlich haben diese Folgen auch ihre positiven und angenehmen Seiten, die ich nicht von der Hand weisen kann und will.

Es ist halt nur schade, daß man wegen solch verkorkster Idioten solche Vorsichtsmaßnahmen überhaupt ergreifen muß und sich als Frau nicht mehr so kleiden kann, wie man es will und möchte - und man, wenn man es doch tut, sich um seine Sicherheit sorgen muss. Ich möchte nun mal ein Kopftuch tragen, aber das ist meine eigene ganz persönliche Sache und mein eigenes Problem - was geht das solche Spinner an? Und darf ich, nur weil ich Deutsche bin, kein Kopftuch tragen? Hab ich da irgendwas verpasst oder übersehen?!

Ich werd da echt nicht schlau drauß, was in den Köpfen dieser Leute vorgeht. Ich weiß nur, daß es vor PEGIDA, AfD und der gesteigerten Islamophobie hier in Deutschland, undenkbar gewesen wäre das mir irgendwas passiert, oder das überhaupt jemand auf die Idee kommt mir in der Öffentlichkeit einfach mein Kopftuch runter zu reißen. Das hätte sich keiner getraut - vor allem was sollen die Leute von so einem Typen denken? Das ist einigen Leuten ja durchaus nicht unwichtig. Aber mittlerweile haben solche Leute vermutlich die Vorstellung, daß sie wegen solch feiger Aktionen von den Umstehenden als Held gefeiert werden und sich so irgendwie profilieren können, weil sie ja der sind, der endlich was unternimmt. Nur gegen was? Dagegen das eine brave deutsche Frau Kopftuch trägt?! Scheint für einige undenkbar zu sein. Oder geht es dabei einfach nur darum eine Kopftuchträgerin zu demütigen, indem man ihr das Kopftuch runterreißt um sich selbst toll zu fühlen?


Aber allen Schwierigkeiten zum Trotz, genieße ich es immer noch anders zu sein und mit dem Kopftuch-tragen etwas für mich entdeckt zu haben, was mir gefällt, was ich schön finde und wo ich mich wohl bei fühle.
Und was andere Frauen, die wie ich Deutsche und Christin sind, eben nicht so ohne weiteres machen bzw. tragen und anziehen würden. Und auch wenn das Kopftuch hier bei uns oft von muslimischen Frauen getragen wird so ist es doch etwas anderes und "besonderes", wenn es eine Frau trägt ohne eine Muslima zu sein.
Ich mag meine Muslima-Mode und mein Kopftuch und trage beides nach wie vor sehr gerne - und das werd ich mir von solchen Idioten auch nicht vermiesen lassen, selbst wenn ich deswegen nicht mehr alleine weg darf - zumindest nicht mit Kopftuch, aber da ich nicht raus gehen will ohne eins zu tragen, geht es halt für's erste nur noch in Begleitung, was wie gesagt ja auch seine schönen und positiven Seiten hat.
Als ich mich dazu entschieden habe ein Kopftuch zu tragen, habr ich mich dazu entschlossen es mit allen Konsequenzen zu tragen, die es eben so mit sich bringt ein Kopftuch: Regeln, Vorschriften,  Einschränkungen (bei der Kleidungsauswahl und im Alltag), aber auch Diskriminierung und Ablehnung. Letzteres gab es am Anfang kaum, das ist erst in den letzten paar Jahren so extrem geworden. Und ich hoffe wirklich, das die Deutschen wieder normal und toleranter werden, damit ich mich trotz meines Kopftuchs wieder sicher fühlen kann.
Denn auch wenn ich keine Muslima bin (und eine Deutsche) so bin ich doch ein Kopftuchmädchen und möchte das aus vielerlei Gründen gerne bleiben, ohne deswegen Probleme zu haben oder Angst vor Übergriffen haben zu müssen.


Bildidee: Lady Bitch Ray © Columbus

Samstag, 9. Juli 2016

Sommerzeit - Kopftuchzeit?!



Der Sommer ist eine harte Zeit für Frauen die Kopftuch tragen... Das denken zumindest immer alle. Wie ich mich damals dafür entschieden habe ein Kopftuch zu tragen und es als Vollzeit-Trägerin ständig zu tragen, hab ich auch darüber nachgedacht, was ich als Kopftuchmädchen im Sommer machen soll?! Ich hab mir das unheimlich warm vorgestellt: die lange Kleidung und zusätzlich noch das Kopftuch auf dem Kopf. Im Winter ist das ja ganz okay so, wenn man es schön warm hat. Und im Herbst wenn es schon kühl, regnerisch und stürmisch ist, hat das Kopftuch auch so seine Vorzüge. Und im Frühjahr, wenn es noch nicht so warm ist und das Wetter auch noch unbeständig ist, hat das Kopftuch auch noch gewisse Vorteile. Aber im Sommer?!

Aber meine Befürchtungen, was das angeht, waren vollkommen unbegründet. Wenn man sich erstmal an das Kopftuch und die lange Kleidung gewöhnt hat, dann ist das wirklich kein Problem mehr, man merkt gar nicht, daß es warm ist, bzw. ist es einem selbst mit dem Kopftuch und der langen Kleidung nicht zu warm.
Wenn man ein Kopftuch tragen möchte und sich dafür entscheidet es ständig zu tragen, dann muss man lernen mit gewissen Dingen und Einschränkungen umzugehen und die wärme im Sommer gehört eben auch dazu - schließlich kann ich zu meinem Kopftuch keine kurzärmeligen Oberteile, ärmellose Tops oder kurze Röcke tragen. Okay, ich könnte natürlich schon, aber als Kopftträgerin darf ich das nicht - und wie würde das auch aussehen, wenn ein Kopftuchmädchen, wie ich in kurzen Röcken und ärmellosen Tops daher kommt und ein Kopftuch dazu trägt?! Selbst wenn ich sagen würde, daß ich keine Muslima, sondern eine Christin bin, wäre das keine Entschuldigung sich bei Wärme, trotz Kopftuch so freizügig zu kleiden, sprich nichts würde so einen Aufzug rechtfertigen - dann könnte ich mein Kopftuch auch gleich ganz weg lassen, was ich ja ebenfalls nicht will und auch nicht darf.
Nein, wie gesagt, wenn man das Kopftuch erstmal eine Weile getragen und sich dran gewöhnt hat, dann ist die Wärme im Sommer auch kein Problem mehr, daran gewöhnt man sich auch noch, denn zum einen ist man ja eh schon daran gewöhnt, das Kopftuch ständig zu tragen und das man es damit im allgemeinen auch etwas wärmer hat und zum anderen kann, darf und will man das Kopftuch ja auch nicht einfach weglassen, so daß man es eben einfach erträgt, wenn es im Sommer etwas wärmer ist und man gewöhnt sich halt einfach dran. Was bleibt auch anderes übrig, wenn man es nicht einfach so weg lassen will, kann und darf.
Zudem kann man ja im Sommer auch weite luftige Kleider und Röcke tragen, die aus dünneren Stoffen sind oder wo die Stoffe sogar noch kühlende Eigenschaften haben - trotzdem sind Stoffe aus Baumwolle oder Leinen natürlich immer noch die erste Wahl, da sie atmen und Luft an den Körper lassen und auch Schweiß aufnehmen und nach außen leiten. Stoffe aus Kunstfasern sind da eher eine schlechte Wahl, da man darin oft zusätzlich oder stärker schwitzt, da sich oft viel wärme darunter staut und Kunstfasern auch keinen Schweiß aufnehmen (können).
Selbstverständlich darf im Sommer, wenn es wärmer ist, kann auch mein Kopftuch ruhig aus einem etwas dünnerem Stoff sein - solange es meinen Kopf gut bedeckt und nicht durchsichtig ist, ist es okay. Und ich wechsel es natürlich täglich - manchmal sogar mehrmals am Tag. Ich habe in der Handtasche immer ein Ersatz-Kopftuch und Untertuch, sodaß ich es wechseln kann, wenn ich zu doll schwitzen sollte. Zum Glück haben wir auf der Arbeit klimatisierte Räume, so daß das selten vorkommt. Das passiert dann eher schonmal, wenn ich meiner Frau oder Freundinnen unterwegs bin. Und es findet sich dann eigentlich immer ein ungestörter Ort, wo ich mir das frische Kopftuch umbinden kann. Denn es gibt nix schlimmeres, als wenn es anfängt zu müffeln.
Wenn ich nach der Arbeit zuhause duschen gehe, dann binde ich mir danach auch ein frisches Kopftuch um oder ziehe zumindest ein frisch gewaschenes Al-Amirah Hijab über das (natürlich ebenfalls frische) Untertuch.

Edit: Ich vergaß noch zu erwähnen, daß ich meine Kopftücher im Sommer oft auch im Nacken gebunden oder sie im Turban-Style gebunden trage, wobei ich drauf achte, daß die Ohren und die Haare - an den Seiten und insbesondere im Nacken - komplett bedeckt sind. Deswegen habe ich im Sommer meinen Nacken auch oft zu einem sogenannten 'Undercut' ausrasiert, was diese Trageweise erheblich vereinfacht. Das ist im Sommer oft kühler und angenehmer und für meine persönliche Ansicht und meinen Geschmack immer noch Bedeckung genug. Wenn ich mein Kopftuch so trage, dann trage ich dazu oft hochgeschloßene Oberteile, Blusen oder ein Halstuch, manchmal auch ein Shirt mit Stehkragen (auch Rollkragen genannt), damit mein Hals ausreichend bedeckt ist.

Und unten drunter kann man ja auch etwas weniger anziehen, womit ich jetzt die Unterwäsche meine. Auch wenn es jetzt etwas persönlich und vielleicht auch ein wenig peinlich bzw. unanständig ist darüber zu sprechen, aber im Sommer darf es bei mir untendrunter auch schon mal ein bißchen weniger sein. Sieht ja keiner. So trage ich normalerweise über dem BH immer noch ein Unterhemdchen, das lasse ich im Sommer oft weg. Oder ich ziehe ein Figurformendes Unterhemd oder ein BH-Unterhemd an, welche den Brüsten auch ohne BH halt geben. Und da meine Brüste nicht übermäßig groß sind und auch ohne BH genug halt haben, lasse ich an besonders warmen Tagen Hemdchen oder BH auch mal ganz weg - wichtig ist halt nur, daß es unter dem Oberteil nicht auffällt, daß ich nichts drunter trage, also die Brüste sollten sich dann nicht übermäßig abzeichnen und auch die Brustwarzen (Nippel) sollten nicht zu sehen sein. Ob ich nun nur einen BH oder ein Hemdchen oder auch gar nichts drunter trage hängt allerdings auch sehr vom Oberteil oder Kleid ab was ich trage - sieht man nicht, was ich drunter trage, oder daß ich nichts drunter trage, dann ist es okay für mich.
Und was die Beine angeht, so trage ich auch im Sommer immer eine Strumpfhose unterm Rock oder Kleid, da nackte Beine unterm Rock für mich total inakzeptabel wären - mag ich auch nicht. Allerdings ist im Sommer eine 40den Strumpfhose noch Blickdicht genug und an wärmeren Tagen darf es dann auch schon mal eine 20den oder 15den Strumpfhose sein.
Gelegentlich trage ich im Sommer statt Strumpfhose auch schon mal Halterlose Strümpfe, weil ich finde, daß sich das insgesamt noch ein wenig luftiger anfühlt. Und unter einem langem Rock oder Kleid sieht ja keiner, daß ich Halterlose Strümpfe anhabe. In der Drogerie von "nur die" oder Rossmann bekommt man aber leider immer nur welche in 15den was mir meist zu dünn, bzw. zu transparent ist - bei hautfarbenen, insbesondere an warmen Tagen geht das immer noch, aber wenn ich schwarze Strümpfe tragen will, dann geht es gar nicht, wenn sie soo transparent sind. In der Strumpfabteilung, im Kaufhaus (Karstadt, Kaufhof, C&A) bekommt man auch halterlose Strümpfe in 20, 40, 50 oder 60den, wobei ich am liebsten Strümpfe in 40den oder 50den nehme.
Allerdings werde ich oft komisch angesehen, wenn ich mir als Kopftuchträgerin Halterlose Strümpfe kaufe. Manchmal ist mir das unangenehm, manchmal genieße ich es aber auch mir vorzustellen, was die Verkäuferin wohl gerade denkt. Das reizt mich dann manchmal auch zu einem blöden Kommentar, wie "Meinem Mann gefällt es wenn ich die trage." oder "Meine Freundin findet es sexy, wenn ich die anhabe." oder ich sage einfach nur "Im Sommer finde ich die angenehmer und luftiger unterm langen Rock." und da entspinnt sich dann manchmal dine kurze Unterhaltung draus.
Wenn es am Wochenende besonders heiß ist trage ich unterm langen Kleid manchmal auch gar keine Unterwäsche - nur Halterlose Strümpfe - zuhause ist das so ganz angenehm und es lässt sich gut aushalten und selbst ein kleiner Spaziergang mit meiner Frau oder ein kurzer Besuch bei meiner Mutter, Schwester oder Freundinnen ist so möglich und ganz angenehm - es weiß ja keiner und es sieht auch niemand.
Aber wie gesagt, das mache ich wirklich nur in der Freizeit und auch nur wenn es wirklich heiß ist - im normalen Alltag würde ich so niemals in die Öffentlichkeit gehen. Da mach ich es mir dann halt mit dünnen Stoffen, weiten, luftigen Schnitten und mit auf das nötigste reduzierte Unterwäsche (selbstverständlich in einem anständigen Maß) so angenehm wie möglich.
Wenn ich im Sommer Zuhause bin und auch nicht vorhabe wegzugehen und wir auch keinen Besuch erwarten, dann trage ich Zuhause, wenn es sehr warm ist, auch schon mal kurze Kleider oder kurze Röcke und verzichte auf mein Kopftuch, denn Zuhause muß ich es ja nicht tragen, bzw. ich brauche es Zuhause nicht unbedingt zu tragen, wenn ich mit meiner Frau alleine bin. (Allerdings trage ich es meistens auch wenn ich Zuhause bin, zum einen aus Gewohnheit und zum anderen, weil ich es so schöner und bequemer finde und ex mir ein Bedürfnis ist es ständig zu tragen).
So gehe ich dann auch in den Garten raus, da unser Garten von keiner Seite aus eingesehen werden kann und mich so auch niemand ohne Kopftuch sehen kann.
Da ich als Kopftträgerin und Kopftuchmädchen eigentlich keine kurzen Röcke besitze und auch nur sehr wenige kurze Kleider habe, muß ich mir dann oft was von meiner Frau ausleihen, die ja jetzt schon seit einiger Zeit begeisterte Rock- und Kleid-Trägerin ist (und mittlerweile auch keine Jeans und Hosen mehr anzieht) aber sie trägt halt im Gegensatz zu mir, eben auch kurze Röcke und Kleider.

Wenn man sich also erstmal an das Kopftuch und die lange Kleidung gewöhnt hat und ein paar Tipps und Tricks weiß, dann kann man es auch im Sommer mit Kopftuch ganz schön und angenehm haben.

Wenn ihr also im Sommer junge Frauen mit Kopftuch seht, dann denkt also bitte nicht "och, die Arme" oder "die ist verrückt, bei der Wärme". Denn zum einen ist sie es gewohnt, sich so zu kleiden, da stört die Wärme nicht und zum anderen, weiß sie selbst am Besten, wie sie es sich trotz Kopftuch und langer Kleidung im Sommer so angenehm wie möglich macht. Und zu guter letzt sollte man nicht vergessen, daß die meißten Kopftträgerin sich so kleiden wollen und sich freiwillig so anziehen - auch wenn oft anderes verbreitet wird. Die meißten haben sich freiwillig dafür entschieden ein Kopftuch zu tragen, sie wußten auf was sie sich einlassen. Das Tragen des Kopftuches bringt halt von Natur aus einige Einschränkungen mit sich (ich spreche da aus Erfahrung) und daß es im Sommer etwas wärmer werden kann gehört eben dazu und wirf in Kauf genommen. Es gibt schlimmeres, wenn man sich da erstmal dran gewöhnt hat. Denkt also nicht, nur weil ihr bei der Wärme gern kurz tragt, muß es jede(r) andere auch tun um zu Überleben - man kann bei Wärme auch in langer Kleidung - und sogar mit Kopftuch - über die Runden kommen.
In diesem Sinne genießt den Sommer.